L.A.Confidential

von
André Wyrwa

Rolo Tomasi und die bösen Polizisten

Hollywood hat deshalb seinen Namen, was die Filmindustrie betrifft, weil es der Ursprung vieler großer Klassiker ist. Man meint immer, nur etwas, das schon einige Jahre von Mund zu Mund geht, könne den Titel Klassiker tragen - und tatsächlich ist es wohl so, daß man dies auch erst dann wirklich mit Gewißheit sagen kann.

Wer aber einmal erleben will, wie ein filmischer Klassiker wirkt, wenn er das erste mal im Kino zu sehen ist, wenn er doch eigentlich nichts weiter ist, als einer unter vielen, der ist mit L.A.Confidential sicher gut beraten.

Curtis Hanson, der vor noch gar nicht langer Zeit mit "Am wilden Fluß" ein eher unauffälliges, wenn auch sehr schönes visuelles Ereignis fabrizierte, hat nun einen Film hervorgebracht, der Hollywood seinem alten Image wieder ein Stückchen näher bringt.

L.A.Confidential ist jenes alte Hollywood, sowohl in Inhalt, als auch in Stil und Wirkung. Desweiteren wird er es um mindestens drei noch nicht ganz so namhafte Schauspieler bereichern, und stellt das sehr gelungene Comeback Kim Basingers dar.

Wie der Name schon sagte, befinden wir uns in L.A. Danny DeVito - in der Rolle des Verlegers des unter der Hand verteilten Klatsch-Magzins "Hush-Hush" - führt uns in das Geschehen ein, macht uns mit den wichtigsten Rollen vertraut, zu denen er sich auch selbst zählen darf, denn sein Magazin ist neben dem Geld eines der lenkenden Geschicke der Stadt.

Diese Umstände sind aber nur die Basis des Geschehens, nur das Medium, das das richtige Klima und den Nährboden für die eigentliche Story bildet und das die Akteure glaubhaft macht. Es ist das Bild, das man letztendlich hat, wenn es gelungen ist, die Puzzlesteinchen zusammenzufügen, von denen man nicht weiß, welches zu wem paßt, an welchen Stellen sie ineinander greifen.

Zu ihnen gehören die drei männlichen Hauptcharaktäre, Ed Exley - der Held, Stanley(?) Vincennes - der Mitläufer und Bud White - der Schläger. Aber diese Klichees werden - so deutlich sie auch zunächst herausgestellt werden - schnell zerschlagen.

Ed Exley, der es sich zur Aufgabe macht, gegen die ihn umgebende Korruption anzukämpfen, entpuppt sich als cleverer Bursche der seine Ideale aber zugunsten seiner Karriere zu umgehen weiß, Vincennes, der darauf bedacht ist, sein Leben in Ordnung zu halten, wird sein erster Freund, und der harte Bud White, der kein Problem damit hat, gegen die Vorschriften zu verstoßen, um seine Vorstellung von Gerechtigkeit umzusetzen, zeigt sich in den Armen der schönen Blonden (Kim Basinger) als hilfloser Junge, der - zusammen mit seiner Mutter - Opfer der Gewalttätigkeit seines Vaters wurde.

Sie alle suchen einen Mann: Rolo Tomasi, den der keine Spuren hinterläßt, und das macht sie schließlich zu den Helden der Geschichte, sie sind die Guten oder vielleicht doch nur die weniger bösen? James Ellroy, Autor des Buches, das hier verfilmt wurde, zerbricht das Gut-Böse-Schema und verhüllt seine Figuren hinter einem Schleier der Ungesagten.

Hanson's Leistung aber besteht darin, die verstrickten Beziehungen für die Leinwand zu konvertieren, was ihm vortrefflich gelungen ist. Das Resultat erfordert freilich Mitdenken, schon allein aufgrund der vielen Namen, die fortwährend auftauchen und die es den richtigen Gesichtern zuzuordnen gilt.

L.A.Confidential ist die ausgeklügelte Konstruktion einer Krimigeschichte, in der nichts ist, wie es scheint, voller ausgeklügelter Dialoge, die sich genau da in der Schwebe halten, wo sie weder zuviel, noch zuwenig verraten, unterstützt durch einen wunderbaren Soundtrack, für den niemand geringeres verantwortlich ist, als Jerry Goldsmith, und verziert mit weichen, warmen Bildern, die den Zuschauer in das "schimmernde" Hollywood der 50er versetzen und von denen viele nur im Kopf des Zuschauers entstehen.

Gewiß lohnt es sich auch, das Buch zu lesen, denn das Bild, das nach dem Zusammensetzen dieses filmischen Puzzles entsteht, ist so groß, daß man es entweder nur als ganzes oder einzelne Details, jedoch nicht beides zugleich erfassen kann.


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